Stosswellentherapie in der Sportmedizin: Internationale Experten stellen neue Leitlinien vor

Stosswellentherapie in der Sportmedizin: Internationale Experten stellen neue Guidelines vor

Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sind weltweit mehr als 1,7 Milliarden Menschen von Muskel-Skelett-Erkrankungen betroffen.1 Die Extrakorporale Stosswellentherapie (ESWT) kann zur Behandlung derartiger Beschwerden eingesetzt werden und hat in der Sportmedizin deutlich an Popularität gewonnen. Allerdings gibt es unter Experten Meinungsverschiedenheiten im Hinblick auf ihren optimalen Einsatz, ihre Wirksamkeit und die behandelbaren Verletzungstypen. Um diese Fragen zu klären, haben Sportmediziner des Mass General Brigham (einem der führenden medizinischen Forschungszentren der Vereinigten Staaten) und weitere Wissenschaftler aus der ganzen Welt neue klinische Leitlinien für den Einsatz der ESWT in der Muskel-Skelett-Medizin und Sportmedizin erstellt. Die vor kurzem im British Journal of Sports Medicine2 veröffentlichten Leitlinien verdeutlichen die wesentlichen Konzepte, die der Wirksamkeit der ESWT zugrunde liegen, und befassen sich mit Indikationen, Terminologie, Behandlungsabläufen bei Sehnenverletzungen und Knochenerkrankungen, Vor- und Nachbehandlungsprotokollen sowie möglichen Nebenwirkungen. 

Methoden 
Die Hauptautoren der Studie führten zunächst eine systematische Literaturrecherche zur ESWT bei Muskel-Skelett- und Sportverletzungen durch, um potenzielle Panel-Teilnehmer auszuwählen und einen Fragebogen zu entwickeln. Anschliessend erstellten sie eine dreiteilige Umfrage und schickten sie an 41 internationale Experten aus Klinik und Forschung in 13 Ländern. Die Teilnehmer hatten in Runde 1 die Möglichkeit, Änderungen an bestehenden Aussagen zur ESWT vorzuschlagen oder zusätzliche Aussagen zu empfehlen. Als Konsens wurde eine Übereinstimmung von ≥75 % definiert. 

Ergebnisse und Schlussfolgerungen 
Alle 41 Panel-Teilnehmer nahmen an den Runden 1, 2 und 3 teil. Ein Konsens wurde bei 69/118 Aussagen (58,5 %) erzielt. Von den 49 Aussagen, bei denen kein Konsens erzielt wurde, bezogen sich 17/49 (34,7 %) auf methodische Aspekte bei Knochenpathologien. 

Die Aussagen, über die ein Konsens erzielt wurde, sollen Sportmedizinern bei der Behandlung von Sehnen-, Faszien- und Knochenpathologien als klinische Entscheidungshilfe dienen. Im Abschnitt »What this study adds« heben die Autoren folgende Punkte hervor: 

  • Es ist zwischen der Anwendung von fokussierten Stosswellen und/oder radialen Druckwellen mit den entsprechenden Energiestufen (niedrig, mittel, hoch) zu unterscheiden.
  • Die Stosswellen- und/oder Druckwellentherapie werden als Teil des Behandlungsalgorithmus für verschiedene Tendinopathien, Plantarfasziitis, Knochenstressverletzungen, verzögerte und nicht ausgeheilte Frakturen, Sesamoiditis und das mediale Tibia-Stress-Syndrom empfohlen.
  • Zu den Verfahrensempfehlungen zählen die klinische Fokussierung (definiert als Behandlung über den vom Patienten angegebenen Bereichen des maximalen Schmerzes) ohne Lokalanästhesie, Behandlungsintervalle von 1 bis 2 Wochen mit insgesamt 3 bis 5 Sitzungen, variable Energiestufen in Abhängigkeit von der spezifischen Pathologie und die Vermeidung von Schmerzwerten auf der Visuellen Analogskala von mehr als 6 bzw. 7 bei Sehnen- und Knochenerkrankungen. 
  • Nicht-steroidale entzündungshemmende Medikamente sollten während der gesamten Behandlungsdauer sowie für eine vom jeweiligen klinischen Kontext abhängige Zeitspanne nach der Behandlung vermieden werden. 
  • Nach der Behandlung sind bei Tendinopathien oder Fasziitis keine Bewegungseinschränkungen oder Vorsichtsmassnahmen bei Gewichtsbelastung erforderlich, auch nicht bei Sportlern während der laufenden Saison. 

In Zukunft sind weitere Forschungsarbeiten erforderlich, um die spezifischen Empfehlungen zu untermauern und die besten evidenzbasierten klinischen Vorgehensweisen für die ESWT in der Sportmedizin zu ermitteln. 

1. https://www.who.int/news-room/fact-sheets/detail/musculoskeletal-conditions
2. Rhim H.C., et al. (2025). Recommendations for use of extracorporeal shockwave therapy in sports medicine: an international modified Delphi study. British Journal of Sports Medicine, 59(18), 1287-1301. https://doi.org/10.1136/bjsports-2024-109082

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